Was mir Sorgen macht: Staatliche Willkür jenseits aller Rechtmäßigkeit
Nüchtern betrachtet bleibt die Feststellung, dass die U.S.A. immer dann, wenn es zum eigenen Vorteil ist, willkürlich internationales Recht brechen. Dabei schrecken die U.S.A. weder vor direkten Terrorakten wie im Fall der Ermordung des Iranischen Generals Soleimani am 3. Januar in Bagdad zurück – ein weiterer gezielter Drohnenmord – noch vor inszenierten Staatsstreichen, der Unterstützung von Warlords und von Bürgerkriegen.
Allein in den letzten siebzig Jahren waren die U.S.A. mit ihrem Geheimdienst C.I.A. maßgeblich beteilitgt
- 1953 am Putsch im Iran, wo der demokratisch gewählte Premier Mohammad Mossadegh durch den U.S.A. gesteuerten Reza Pahlewi ersetzt wurde, der im Iran eine Gewaltherrschaft errichtet.
- 1954 am Sturz der demokratische gewählten Regierung in Guatemala (Operation PBSUCCESS)
- 1964 am Putsch in Brasilien,
- 1973 am Putsch in Chile, wo der demokratisch gewählte Präsident Salvador Allende ermordert wurde und Pinochet und sein brutales Gewaltregime mit Untertützung der U.S.A. errichtete
- 1976 am Putsch in Argentinien, in deren Folge mehrere 10Tausend Menschen gefoltert und ermordet wurden.
- 1980 greift der Irak, mit dem von den U.S.A. unterstützten Saddam Hussein, den Iran an. 875.000 Menschen starben in diesem Krieg.
- 2003 belügt Collin Powell den Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen über Giftgaslager im Irak, was letztlich den Golfkrieg II legitimieren sollte.
- an Folterungen und Folterlager in Guantánamo, Polen, Rumänien und Litauen u.a.
- an der gezielter Tötungen von Zivilisten und Folterungen im Irak, die Chelsea Manning über Wikileaks bekannt gemacht hat, etc. pp.
Die U.S.A. unterscheiden sich bezüglich rücksichtsloser Durchsetzung ihrer Interessen nicht von Russland und China und einer Vielzahl kleinerer Staaten wie Saudi Arabien, Iran, Israel oder Türkei. Hier stehen Wahrung nationaler Interessen oder persönlicher Interessen von Despoten und Clans über allem gesetzten Recht. (To the English Translation)
Das Recht ist immer das Recht des Stärkeren
Letztlich hat sich daran nichts geändert. Zu aktuellen Ereignissen. Vieles deutet darauf hin, dass Donald Trump Soleimani deshalb ermorden ließ, um womöglich eine persönliche, narzisstische Rivalität mit Barack Obama auszutragen, der 2011 Osama bin Laden ermorden ließ oder um vom laufenden Impeachment gegen ihn abzulenken und taktisch seine Position für den kommenden Wahlkampf zu stärken. Dafür nimmt die Trump Administration nicht nur einen Mord und Völkerrechtsbruch in Kauf, sondern auch die Destabilisierung des gesamten Nahen Ostens, ohne auch nur im geringsten in der Lage zu sein, die Dynamik zu kontrollieren. Die Trump Administration machte das, weil sie die U.S.A. als weitaus stärkste Militärmacht qua Faustrecht dazu in der Lage sah.
Die aggressive Instrumentalisierung des Rechts
Analysen zum aktuellen Konflikt zwischen den U.S.A. und dem Iran legen nahe, dass die gezielte Ermordung von General Soleimani eine taktische Aggression war, im Kontext einer Strategie, deren Ziel es ist, die NATO in die Auseinandersetzung mit dem Iran hineinzuziehen und damit die Last eines Krieges zu verteilen. Hatten die U.S.A. in den beiden Golfkriegen einen enormen Aufwand zu leisten, um Verbündete für ihre Kriege zu finden, sollte das nun anders verlaufen.
Hätte der Iran, wie von den U.S. Militärstrategen angenommen, auf die Ermordung Soleimanis mit massiven Gegenschlägen auf Stellungen der U.S.A. geantwortet, dann wären damit auch andere Staaten, die ihre Truppen teilweise in denselben Stellungen stationiert haben, ebenso betroffen gewesen. Die U.S.A. wollten mit der Ermordung Soleimanis nichts anderes erreichen, als den Iran zu einem Angriff zu provozieren und den U.S.A. damit den Vorwand zu liefern, den Bündnisfall nach Artikel 5 des Beistandsvertrages auszurufen. Mit einem Schlag wären alle Mitgliedsstaaten in der NATO in einen heißen Krieg verwickelt worden. Trump könnte dem amerikanischen Volk politisch einreden, dass dieser Krieg nicht seine Wahl gewesen sei, dass die Kosten des Krieges auf viele Staaten verteilt würden. Er würde versuchen, diesen Krieg propagandistisch als gerechten Krieg demokratischer Staaten gegen einen dunklen Unrechtsstaat darzustellen, sich selbst als Lichtgestalt zu präsentieren.
Mit anderen Worten: Die U.S.A. wollten durch Staatsterror Fakten schaffen, die den alleinigen Zweck verfolgten, die pseudolegitimierte Ausrufung des Beistandsvertrags nach Artikel 5 zu bewerkstelligen.
Eine ähnliche Strategie versucht auch Recep Tayyip Erdoğan. Allerdings besitzt seine Macht nicht annähernd die Hebelkraft, um sich über die Bedenken der NATO Mitgliedsstaaten hinwegzusetzen oder diese unter Druck zu nehmen. Die U.S.A. können das und unter der Präsidentschaft von Donald Trump gibt es auch einen Präsidenten, der dazu ohne zu zögern bereit ist.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Peter Winkler, Washington: Das Faustrecht beschert Trump Erfolge auf Pump , in NZZ vom 17.1.2020
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