Mit der Preisschraube zur Energiewende gegen die Klimakrise
Reden wir nicht darum herum. Kaum jemand ist bereit, seinen Lebensstil zu ändern - aus welchen Gründen auch immer, auch nicht angesichts der Klimakrise – zumindest nicht in Richtung Einschränkung oder gar Verzicht.
Viele verstehen nicht, worum es dabei überhaupt geht, viele wollen es gar nicht wissen und andere rationalisieren gekonnt ihre kognitive Dissonanz, ganz ohne schlechtes Gewissen.
Was heißt einschränken? Sie jammern, dass es im Sommerurlaub im Süden vor lauter Hitze kaum auszuhalten ist, trotz Klimaanlagen. Und im Winter klagen sie über unattraktive Skipisten, so sie nicht vermögend oder kreditwürdig genug sind, um sich einen Traum-Winterurlaub in guten Lagen und Destinationen leisten zu können. Sie reklamieren wegen Starkregen ins Wasser gefallene Campingurlaube und so weiter. Die Auswirkungen der Klimakrise müssen, wenn es nach ihnen geht, in erster Linie die Anbieter von Dienstleistungen und der Staat unter Kontrolle bringen, damit für Konsumenten und Bürger*innen das Leben so easy bleibt, wie man das eben erwartet.
Was also tun, wenn bei zu Vielen die Einsicht in die Notwendigkeit fehlt, das eigene Verhalten zu ändern, anzupassen, um Klima und Umwelt lebenswert zu erhalten? Es sind zu viele Leute, denen Klima und Umwelt am Allerwertesten vorbei gehen, um mittels Verordnungen, Gesetzen und Strafen etwas bewirken zu können. Bildungsprozesse - naiv, zu glauben, man könne damit die Leute erreichen.
Klimakrise: Verhaltensänderung durch Preisgestaltung
Am ehesten bewirkt man etwas, wenn man über Kosten und Preise steuert. Leider ist das so. Manches regelt der Markt und wo der Markt das nicht regelt, versuchen Regierungen durch Steuern, wie beispielsweise die CO2 Steuer Preise in die Höhe zu schrauben. Bei Betroffenen fühlt sich das an wie Daumenschrauben, vor allem bei jenen, die nicht über genügend Einkommen oder Vermögen verfügen, die schon in fortgeschrittenem Alter sind oder die keine Kredite mehr für Investitionen bekommen, um sich, wie erwünscht, dem Druck zu beugen.
Beispiel: Ein Renterehepaar mit durchschnittlicher Rente lebt im Haus, das sie in den Siebzigerjahren gebaut hat. Obwohl sie immer wieder in das Haus investiert haben, für die Anforderungen, die das Gebäudeenergiegesetz vorsehen, reicht das nicht. Energieberater können eine Energiesanierung guten Gewissens nicht empfehlen, da das nicht rentabel sei, angesichts von Kosten von EUR 1.200 bis 1.600 je Quadratmeter Wohnfläche. Bei einem Wohnhaus mit 120 Quadratmeter wären das Kosten bis zu EUR 190.000, also Kosten, die den Wert des Hauses deutlich übersteigen - und das absurde, der Wert des Hauses würde nicht im selben Maß steigen. Ein Verlustgeschäft. Aber davon ganz abgesehen. Es gibt keine Bank, die Rentern angesichts durchschnittlicher Rentenbezüge Kredite zu leistbaren Zins- und Tilgungskonditionen bewilligen würden. Ihre statistische Lebenszeit endet lange bevor so ein Kredit abbezahlt wäre. Das Haus als Garantie? Nachdem der Kredit höher wäre als der Wert des Hauses scheidet auch das aus. Und wer verspricht, dass die Energiesanierung des Hauses jetzt den Anforderungen in fünf Jahren noch genügen würde, oder in zehn? Dasselbe gilt cum grano salis für die Umstellung zu E-Mobilität. Es gibt viele offene Fragen und alle sind mit hohen finanziellen Risiken verbunden, die Menschen mit geringem Einkommen und vernachlässigbarem Vermögen durchaus existenziell treffen könnten.
Das Rentnerehepaar in diesen Beispiel - und das trifft auf sehr viele Menschen in diesem Land zu - sieht sich einer Doppelmühle ausgesetzt, in der sie nur verlieren können. Sie können sich die Energiesanierung nicht leisten. Entsprechend müssen sie die steigenden Energiekosten und die noch deutlicher steigenden CO2 Steuern (der Ausdruck ‚Bepreisung’ ist ein Euphemismus) schultern - oder eben im Kalten ausharren. Sie können das Haus auch nicht verkaufen, weil der Erlös, der damit erzielbar wäre, nicht ausreichen würde, um sich am bestehenden Wohnungsmarkt eine altersgerechte Eigentumswohnung leisten zu können, die fußgängig zu Nahversorgern wäre und zu medizinischer Versorgung. Bei den Mietpreisen würde der Verkaufserlös wohl kaum für zehn Jahre Mietzahlungen plus Betriebskosten reichen, dabei sollte das Haus zur Finanzierung des Alters in einem Seniorenwohnheim dienen. Diese Leute werden schlich abgezockt - weil der Politik keine anderen Wege einfallen wollen, wie man eine Verhaltensänderung der Bevölkerung herbeiführen könnte, um in der Klimapolitik voran zu kommen.
Energiewende: Ungleiche Lastenverteilung
Die Kosten der Energiewende werden vor allem viele „kleine Leute” zu tragen haben und hier besonders jene, die keine ausreichende Lobby besitzen, also Menschen niedriger Einkommen, Rentner mit überschaubaren Renten. Was durch Preisdruck an reduziertem CO2 Ausstoß in einer Rentnerwohnung eingespart werden kann, ist verschwindend gering. Nicht verschwindend gering sind allerdings die Belastungen, die solche Taktiken für die Betroffenen bedeuten.
Würde man bei der Industrie, zB der Stahlindustrie, der Betonindustrie, der Papierindustrie, der Chemiebetriebe und so fort anfangen, effektiv CO2 zu reduzieren, dann wäre ein Effekt deutlich spürbar. Beispiel. Die Umrüstung von zwei Hochöfen der Voest Stahlwerke würde die CO2 Belastung für ganz Österreich um ein Drittel reduzieren. Das passiert auch. Das schafften sämtliche privaten Haushalte zusammen nicht, selbst wenn deren Häuser allesamt energiesaniert wären. Aber die Lobby der Industriellen ist zu groß und nicht alle sind so zukunftsorientiert wie die Voest.
Würde man Tempolimits von 100 Km/h auf Autobahnen und 80 Km/h auf Bundes-, Landes- und Gemeindestraßen einführen und 30 Km/h innerhalb geschlossener Ortschaften, könnte damit ebenfalls effizient CO2 eingespart werden. Aber die Autoindustrie und die Autolobby sind zu mächtig. Bevor Politiker*innen SUV Fahrer*innen ein Tempolimit zumuten, muten sie Menschen mit niedrigem Einkommen und Rentner*innen CO2 Steuern zu, stetig anziehende Daumenschrauben, die Energiepreise derart verteuern, dass sie sie kaum stemmen können.
Vernüftigerweise beginnt man dort, wo die größten Einsparungen von CO2 erzielt werden können. Warum aber will die Politik dort beginnen, wo kaum Effekte zu erzielen sind, dafür aber die Belastungen unverhältnismäßig hoch sind?
Energiewende: Die Doppelmoral der Politik
Die Politik selbst handelt schizophren - wobei bei vielen Politiker*innen nicht mit Gewissheit ausgeschlossen werden kann, dass sie zu den sogenannten Klimawandelleugner*innen zählen, zumindest zu jenen, welche das Thema verdrängen und ignorieren. Sie beschließen Gesetze, wie die CO2 Steuer zur Bekämpfung der Klimakrise und gleichzeitig verteidigen sie beispielsweise ein Ausmaß an Bodenversiegelung, das unfassbar und unverantwortlich ist. Österreich fällt hier besonders negativ auf und in Österreich ist die Bodenpolitik der Politik in Oberösterreich an Ignoranz und Verantwortungslosigkeit kaum zu übertreffen. Wenn Politik die Interessen ihrer Klientelen bedienen will, dann scheint es, dass das Klima offenbar nur eine untergeordnete Rolle spielt. Das Gemeinwohl ist, um das klarzustellen, keine Klientel.
Energiewende: Das erzwungene „Wirtschaftswunder”
Von der grünen Transformation, also der Energiewende erwartet sich bespielsweise der deutsche Bundeskanzler ein zweites Wirtschaftswunder, das Deutschland auch in den kommenden Jahrzehnten als eine der stärksten Volkswirtschaften sichern soll. Wenn also - gefühlt - 85 Prozent der Hausbesitzer ihre Immobilien energetisch sanieren müssen, wenn Immobilien billig auf den Markt kommen, weil sich ihre früheren Besitzer diese Sanierung nicht leisten können, dann wird Vermögen, vor allem das des Mittelstands umgeschichtet zu Unternehmen und Spekulanten und - bei immerhin 19 Prozent Mehrwertsteuer nicht zu vergessen - zum Staat. Zurück bleiben wird ein gerupfter, verschlankter Mittelstand, eine stark gewachsene Unterschicht und ebenso eine stark angewachsene Zahl von Menschen, die sich das Leben nur noch mit staatlichen Zuwendungen leisten können.
Zweifellos werden die Börse, werden die Aktienmärkte, große Unternehmen und Konzerne profitieren. Dividenden werden sprudeln, denn es geht um die Verteilung der Felle des Mittelstands, der zuletzt noch über nennenswerte Vermögenswerte verfügte. Diese werden abgeräumt und die derzeitige Politik der Energiewende ist nichts anderes als das Mittel zu diesem Zweck.
Nicht, dass es keine Energiewende bräuchte, aber der eingeschlagene Weg, die gewählten Mittel sind meiner Meinung nach untauglich und moralisch mehr als zweifelhaft. Die Strategie folgt überkommenen Wachstumsideologien. Es müsste klar sein, dass der Klimakrise nicht durch fortgesetztes Wachstum, zum Beispiel in der Baubranche und ihren Industrien, beizukommen ist, sondern eben durch Schrumpfen. Weniger Bodenversiegelung, Entsiegelung von versiegelten Böden, Renaturierung, Eindampfen der Bandbreite umweltschädlicher Konsumgüter et cetera.
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