Der Realität ins Auge sehen - Die U.S.A. und der Chauvinismus
Es ist nachvollziehbar, dass sich Menschen, Gesellschaften und Staaten schützen wollen. Allerdings wird der Zwang, überall Bedrohungen zu sehen und auch Freunde als gefährlich einzustufen, nicht selten als Paranoia diagnostiziert. (Laut IDC 10, F60.0 ist das ein manifestes Krankheitsbild.) (→ To the English Translation)
Die U.S.A. und Paranoia
Wenn sich die U.S.A. von Nato Mitgliedern, Regierungschefs befreundeter Staaten und demokratischen Institutionen so bedroht fühlen, dass sie diese abhören und ausspionieren, sich dabei über internationales und nationales Recht hinwegsetzen, dann liegt der Verdacht nahe, dass es sich womöglich um eine Art Paranoia handeln könnte.
Wer die peinlichen Schuldzuschreibungen rund um 9/11 in Erinnerung hat, dem klingt sicherlich noch jene Erklärung im Ohr: Wir hatten eine Unmenge an Informationen, waren aber nicht in der Lage diese Informationen so auszuwerten, dass der Terroranschlag frühzeitig erkannt und verhindert hätte werden können. Ganz davon abgesehen, dass die Kooperation diverser zum Schutz des Landes und seiner Bürger bestehender Einrichtungen nicht funktionierte.
Bei der Datenmenge, die allein die NSA derzeit sammelt und trotz aller noch so ausgetüftelter Algorithmen stellt sich die Frage: Sind die U.S.A. überhaupt in der Lage diese Unmengen an Daten so auszuwerten, dass die Ergebnisse in irgendeine Relation zum Aufwand gebracht werden können. Letztlich gilt auch hier, was im Kleinen zum Schutz vor Einbrechern gesagt werden muss: Niemand kann einen Einbruch verhindern. Was erreicht werden kann ist, einen Einbruch möglichst zu erschweren. Und allein dies sollte zur Einsicht führen, dass Verhältnismäßigkeit geboten ist.
Die U.S.A. und wirtschaftlicher Imperialismus
Etwas anders sieht die Situation aus, wenn man unterstellt, dass der Schutz vor Bedrohung durch Terrorismus nur vorgeschoben wird und vielmehr nationale, vor allem nationalökonomische Interessen dahinter stehen - kurz: Industrie- und Wirtschaftsspionage. Dann wäre dieses Handeln zweckrational, wenngleich unmoralisch, aber nicht krankhaft.
Während erstere Verhaltensweise auf ein traumatisches Erlebnis, wie 9/11 zurückgehen könnte, und irrationale Verhaltensweisen zwar nicht entschuldigen aber verständlich machen könnte, wäre Wirtschaft- und Industriespionage in dem Umfang, in welchem die U.S.A. dies zur Zeit betreiben, ein grundsätzlich feindlicher Akt, der unter sogenannten "Freunden" nicht vorkommen sollte und dürfte.
Die selbstbewussten U.S.A. gehen jedenfalls davon aus, dass sie sich dieses Verhalten - aus welchen tatsächlichen Gründen auch immer - leisten können und niemandem Rechenschaft schuldig sind. Schließlich sind sie die Alpha Nation dieser Welt. Als Alpha Nation strebt sie nach weltweiter Hegemonie - und steht dazu. Auch wenn sie sich einen militärischen Imperialismus nicht mehr leisten können, so soll ein ökonomischer Imperialismus zumindest die wirtschaftliche Vorrangstellung sichern.
Die U.S.A. und Chauvinismus
Dabei ist das, was die USA seit etlichen Jahren vormachen, nicht zwangsläufig Folge des Kapitalismus. Die verhaltensauffällige Erscheinungsform des gelebten Dominanzverhaltens könnten nach Schumpeter womöglich andere Ursachen haben. Der Ökonom Schumpeter hat den Imperialismus nicht als notwendiges Ergebnis der Konkurrenz in einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung angesehen. "Vielmehr sah er ihn als Ausdruck eines irrationalen Chauvinismus von Oberschichten zur Festigung ihrer Macht." (Wikipedia) Und damit dürfte Schumpeter den Nagel auf den Kopf getroffen haben.
Die Frage lautet entsprechend nicht, wie einem U.S. Imperialismus zu begegnen sei, sondern wie man den Chauvinismus der U.S. Oberschichten in seine Grenzen weisen kann.
Lesenwerter Beitrag: Hirsch, Joachim: Was ist eigentlich Imperialismus? Center for Digital Discourse and Culture, Virginia Tech. URL=http://www2.cddc.vt.edu/digitalfordism/fordism_materials/hirsch.htm [22.01.3014]
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