Behörden als Dienstleister. Bürger als Kunden. Das ist noch nicht bei allen Behörden angekommen. Kundenorientierung, bzw. Bürgerorientierung ist sicherlich eine große Herausforderung für Behörden. Aber was Unternehmen möglich ist, sollte Behörden nicht unmöglich sein.
Die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) scheint, zumindest in Oberösterreich und bezogen auf Heilverfahren im Bereich der Gesundheitsvorsorge, vulgo Kur, anders als viele andere Behörden noch nicht wirklich im 21. Jahrhundert angekommen zu sein. Der Versicherte ist weniger Kunde als vielmehr Antragsteller, in der Lesart "Bittsteller".
Behördeninteressen vor Bürgerinteressen
Ich staunte also nicht schlecht, als ich die Bewilligung meines Antrags auf Kur von der PVA in Händen hielt. Dem genus literarium nach hielt ich einen unpersönlichen und unfreundlichen Bescheid in Händen.
Der vom Arzt aufgrund meiner Knieverletzung vorgeschlagenen Einrichtung (vulgo Kurort) wurde allerdings nicht entsprochen. "Da die Pensionsversicherungsanstalt im Interesse Ihrer Gesundheit bemüht ist, Ihnen den Antritt des Heilverfahrens innerhalb eines vertretbaren Zeitraumes zu ermöglichen, konnte Ihrem Einrichtungswunsch nicht entsprochen werden."
Stattdessen wurde mir ein Kuraufenthalt im oberösterreichischen Bad Hall verordnet, ohne jegliche Information darüber, ob Bad Hall für meine Knieverletzung entsprechende Voraussetzungen biete. Alternativ wurden mir auch Bad Schallerbach und Bad Leonfelden angeboten. Nun war die Verunsicherung groß. Ging es der oberöstereichischen Pensionsversicherungsanstalt darum, die bestmögliche Kur für meine Beschwerden zu bewilligen oder geht es vielmehr darum, zur Auslastung oberösterreichischer Kureinrichtungen beizutragen? Es gab dann noch Radkersburg und Waltersdorf. Und dann gab es noch folgenden Hinweis: "Wir weisen abschließend darauf hin, dass eine weitere Änderung der Einrichtungsauswahl nicht möglich ist." Damit ist ausgeschlossen, dass mein Arzt eine für den Heilungserfolg bessere Alternative vorschlagen könnte.
Da es mir nicht um Erholung auf Kosten der Versicherung ging, also nicht um eine Art bezuschussten Urlaub, sondern darum, möglichst effektiv mein Knie zu kurieren und in folge der Knieverletzung meine Fehlhaltung samt Verspannungen zu korrigieren, fragte ich bei der PVA OÖ nach.
Die Dame, mit der ich verbunden wurde, zeigte sich zunächst sehr unfreundlich und abweisend. Erst als klargestellt war, dass ich mich nicht wegen einer Ablehnung an die PVA wende wollte, sondern bereits eine Bewilligung in Händen hielt und Fragen klären wollte, verbesserte sich der Ton etwas - wenngleich nur geringfügig. Abfertigung ist für diese Art des Kundengespräch der wohl zutreffende Ausdruck. Es brauchte einiges Bemühen, um zur Fachabteilung durchgestellt zu werden. Dort versicherte man mir, dass die Zuteilung computergesteuert erfolge und damit das für mich beste Ergebnis vorschlagen werde. Erst zögerlich wurde eingestanden, dass das Zuweisungskontingent für die von meinem Arzt vorgeschlagene Einrichtung ausgeschöpft sei. Keine Auskunft konnte mir darüber gegeben werden, ob die vorgeschlagenen Kureinrichtungen speziell auf die Diagnose hin abgestimmte Heilverfahren anbieten. Vielmehr zeigte sich, dass der Computer in erster Linie eine gleichmäßige Verteilung auf die jeweiligen Zuteilungskontingente diverser Kureinrichtungen sicherstellen sollte. Mit anderen Worten: Es hat den Anschein, als rangierten die Interessen der Behörde und die der Einrichtungen vor den gesundheitlichen Bedürfnissen derjenigen, die sich von einer Kur Heilung erwarten.
Von Behörden ungefragt weitergereicht und verbucht
Wenige Tage später erhielt ich vom Eurothermen Resort Bad Hall ein Schreiben, in welchem mir mitgeteilt wurde, dass mein Kuraufenthalt für die Zeit von bis "fix reserviert" wäre und ich die Einrichtung "umgehend zu benachrichtigen [hätte], um einen Ersatztermin zu vereinbaren." Der Ton der Mitteilung erinnerte mich an meinen Einberufungsbescheid, bzw. meinen Stellungsbefehl.
Da wurden meine Daten von der Pensionsversicherungsanstalt an die Kureinrichtung bereits weitergereicht, noch bevor ich Zeit hatte, mir Klarheit darüber zu verschaffen, welche der fünf Alternativen zu Bad Hall sich tatsächlich eignen könnte. Über Datenschutz und seine gesetzlichen Regelungen scheint man sich in der PVA nicht wirklich Gedanken zu machen.Vier Tage nachdem mich die Mitteilung der PVA erreichte, hatte mich also das Eurothermen Resort Bad Hall als PVA Zuweisung fix gebucht. *
Es scheint, als seien die von der Pensionsversicherungsanstalt vermittelten Personen keine Gäste, sondern Zuteilungs- und Manövriermasse. Dass ich letztlich entscheide und durch meinen Selbstbehalt zahlender Gast bin, scheint keine nennenswerte Rolle zu spielen. Vielmehr scheint es sich hier um eine grobe Form entmündigender, obrigkeitlich organisierter Verteilung zu handeln.
Worauf darf man hoffen
Angesichts dieser Episode fröstelt mich, wenn ich an mein Alter denke und daran, wie diese Behörden wohl mit alten Menschen umspringen, mit Menschen, die sich nicht mehr zur Wehr setzen können oder die eine Behandlung vierter Klasse hinnehmen müssen, weil sie keine Alternativen haben.
Fazit
Ich habe auf die genehmigte Kur verzichtet.
*) Auf mein Feedback hin antwortete das Eurothermen Ressort Bad Hall telefonisch, entschuldigte sich und bedankte sich für den Hinweis. Man werde das Anschreiben überarbeiten. Das Beschwerdemanagement jedenfalls scheint auf der Höhe der Zeit zu sein.