Hürden in einem quasi liberalisierten europäischen Markt
Es fühlt sich an wie eine Zeitreise in die Vergangenheit. Österreichische Unternehmen haben mit dem liberalisierten europäischen Markt doch mehr Probleme, als zu erwarten wäre. Sie können oder wollen beispielsweise bei deutschen oder anderen europäischen Banken keine Bankeinziehung (Lastschriftverfahren) einrichten .
Vorgeschichte
Nachdem meine Hausbank die fixen Bankgebühren (Kontoführung, Bankomatkarte, Kreditkarte) um 30% erhöht hat und meine jährlichen Bankgebühren damit auf über 120 EUR ansteigen sollten, habe ich mich entschlossen das Bankinstitut zu wechseln.
Nach eingehender Recherche habe ich mich schließlich für eine in Deutschland ansässige Online-Bank mit besten Referenzen entschieden. Hier bekomme ich alle Leistungen meiner bisherigen Bank kostenlos angeboten. Dazu bietet die Bank eine Verzinsung für tagesfällige Einlagen in Höhe von 1,3 Prozent. Für einen wirtschaftlich denkenden Menschen war damit die Entscheidung gefallen.
Die Kontoeröffnung hat bestens geklappt. Die Kontoauflösung meines Privatkontos bei meiner Hausbank, bei der mein Geschäftskonto bestehen bleibt, war ebenfalls problemlos.
Die Ernüchterung
Probleme gab es erst, als die bestehenden Einzugsermächtigungen abgeändert und auf die deutsche Bank übertragen werden sollten.
Bei der Uniqa war das kein Problem, dafür bei anderen Unternehmen, wie bpsw. meinem Energieversorger und meinen Mobilfunkbetreibern. Hier sah die Sache anders aus: Ein Einziehungsauftrag für eine deutsche Bank sein nicht möglich. Man könnte auf Zusendung von Erlagscheinen umstellen, diese seien aber kostenpflichtig. Bei einem Mobilfunkbetreiber zahle ich 15 EUR mtl. Gebühren und nun müsste ich zusätzlich 2,60 Euro Erlagscheingebühr bezahlen. Ähnlich bei meinem anderen Mobilfunkbetreiber und meinem Energieanbieter. Unterm Strich würden durch Erlagscheinvergebührung mehr Kosten entstehen, als durch den Wechsel der Bank einsparen werden könnten. Grotesk.
Das Erstaunen
Ich wandte mich an die Arbeiterkammer Österreich. Dort war das Erstaunen groß. Meine Annahme, dass die Software der Unternehmen möglicherweise nicht in der Lage wäre, IBAN und BIC zu verarbeiten, zerstreute man. Ab Februar 2014 sei der gesamte auch inländische Zahlungsverkehr mittels IBAN und BIC abzuwickeln und es sei nicht davon auszugehen, dass sich die Unternehmen darauf noch nicht eingerichtet hätten.
Der Zahlungsverkehr innerhalb der EU ist, SEPA sei Dank, mittlerweile dem inländische Zahlungsverkehr gleichgestellt: kostenlos und mit vergleichbarer Transaktionsdauer. Die Unternehmen, würden den Unterschied, ob nun von einer deutschen oder österreichischen Bank Rechnungsbeträge eingezogen würden, nicht bemerken. SEPA sollten in einer exportorientierten Wirtschaft wie der österreichischen bei Unternehmen allgemein bekannt sein, zumal diese selbst Ihre Zahlungen innerhalb der EU via SEPA abwickeln. Warum also sollte es gegenüber Kunden ein Problem geben?
Entsprechend klar war die Auskunft der AK: die Weigerung eines Unternehmens die angebotene Einziehungsermächtigung nicht zu nutzen und stattdessen Erlagscheine zuzuschicken ist eine Entscheidung, die das Unternehmen für sich trifft und letztlich ihren Kunden nicht anlasten dürfe. Mit anderen Worten, wenn sich Unternehmen dafür entscheiden, einen Zahlungsvorgang umständlich und aufwändig zu gestalten, obwohl es dazu eine angebotene und zulässige Alternative gibt, dann haben die Unternehmen die Kosten dafür selbst zu tragen.
Eine langwierige Klärung
Ich hoffe natürlich, dass die Unternehmen einsichtig genug sind, sich einem seit längerem flexibilisierten europäischen Markt anzupassen und die Vorteile auch im Sinne der Kundeninteressen wahrzunehmen. Sollten sie auf „wir machen das so, wie wir das immer schon gehandhabt haben” bestehen, dann will sich die Arbeiterkammer dieser Sache annehmen. Letztlich werde ich für diesen Fall auch überlegen müssen, meine Verträge mit diesen Unternehmen zu kündigen und im Zusammenhang mit einem Bankwechsel auch etliche Anbieterwechsel vorzunehmen. Auch wenn es jetzt noch nicht so aussieht denke ich doch, dass andere Unternehmen hier einen Wettbewerbsvorteil erkennen und das anbieten, was nach EU Richtlinie problemlos möglich sein sollte.
Bislang habe ich einen Nachmittag und den darauf folgenden Vormittag mit Telefonaten, E-Mails, Recherche, Briefen etc. pp. aufgewandt. Das ist sicherlich nicht im Sinne eines wettbewerbsorientierten einfachen Anbieterwechsels, wie ihn die EU Wettbewerbskommission im Sinn hat. Unzweifelhaft wird hier der Wechsel zu ausländischen, aber EU Bankinstituten so sehr erschwert, dass Österreicher davon bislang so gut wie keinen Gebrauch machten. Nun fragt sich, ob es hier eine Absprache gibt. Immerhin können Banken so Gebühren verlangen, die, verglichen mit anderen europäischen Banken, vor allem Online-Banken, nur als kundenfeindlich bezeichnet werden können.
Aktualisierung: Auf Erlagscheingebühren wurde letztlich verzichtet.
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