Widerspruch zur eZustellung nach §1b Absatz 4 E-GovG
Die eZustellung wird mit Jahresende 2019 für Unternehmen verpflichtend eingeführt. Ausgenommen sind nach §1b Absatz 4 E-GovG nur Unternehmen, die gesetzlich nicht zur Umsatzsteuervoranmeldung verpflichtet sind. Allerdings wird für diesen Fall ein Widerspruch vorausgesetzt. Ohne Widerspruch sind selbst Unternehmen, die nicht zur Umsatzsteuervoranmeldung verpflichtet sind von der eZustellung betroffen.
§1b Absatz 4 E-GovG
Unternehmen können der Teilnahme an der elektronischen Zustellung widersprechen. Dieser Widerspruch verliert mit 1. Jänner 2020 seine Wirksamkeit, ausgenommen für Unternehmen, die wegen Unterschreiten der Umsatzgrenze nicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet sind.
Ein fragwürdiger Zugang
Es wäre einem Rechtsstaat angemessen, nur jene in das zentrale Teilnehmerverzeichnis für eZustellung behördenseits einzutragen, die tatsächlich dazu verpflichtet werden können, weil sie zur Umsatzsteuervoranmeldung verpflichtet sind.
Demgegenüber hätte man allen jenen Unternehmen, die dazu nicht verpflichtet sind, die Option durch Einwilligung oder Registrierung anbieten können, nicht aber die zwangsweise Übernahme in das Teilnehmerverzeichnis unter Einräumung eines Widerspruchsrechtes. Das ist kein seriöser Umgang.
Es deutet viel darauf hin, dass man diesen Weg wählte, um zu einem möglichst umfassenden zentralen Teilnehmerverzeichnis für die eZustellung zu kommen. Mit anderen Worten Politik und Ministerialbürokratie orientieren sich weniger an Bürgerrechten als vielmehr an Prozess- und Kostenoptimierungen.
Das eingeräumte Recht auf Widerspruch
Trotz vieler Nachfragen und Erkundigungen beim Unternehmensserviceportal (USP), beim Bundesministerium für Digitales und Wirtschaftsstandort (BMDW) und dem Finanzministerium (BMF) konnte nicht geklärt werden, an wen dieser Widerspruch zu adressieren ist und ob dieser formlos erfolgen kann oder ob es dafür Formvorschriften zu erfüllen gilt. Es ist auch offen, ob es für den Widerspruch Fristen gibt, zumindest für alle jene, die qua brürokratischer Verfügung ohne Einwilliung oder Registerierung in das zentrale Teilnehmerverzeichnis übernommen wurden.
Während beim BMDW und beim USP telefonisch nachgefragt werden konnte, wurde im Finanzministerium darauf hingewiesen, dass mündlich keine Auskünfte erteilt werden dürfen und eine Vermittlung in Fachabteilungen per Weisung nicht zugelassen ist. (Ein sehr seltsames Verständnis von Bürgerorientierung.) Schriftliche Anfragen beim Finanzministerium blieben bislang jedoch unbeantwortet. (Ein noch seltsameres Verständnis von Bürgerorientierung.)
Die aufgezeigte Möglichkeit zum Widerspruch
In einer Unterlage „Fragen und Antworten. Für übernommene FinanzOnline Teilnehmerinnen und Teilnehmer” wird folgendes skizziert
:
Ausgenommen von der Verpflichtung zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung sind Unternehmen, die wegen Unterschreiten der Umsatzgrenze nicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet sind. Diese können der Teilnahme an der elektronischen Zustellung widersprechen. Der Widerspruch erfolgt durch die Löschung des Zustellprofils am Teilnehmerverzeichnis über das elektronische Postfach MeinPostkorb im Unternehmensserviceportal [Hervorhebung durch Autor].
Das klingt in zweifacher Hinsicht verquer. Zum einen müsste sich, wer widersprechen will, zunächst dem Prozedere des Anmeldungsprozesses unterwerfen und dieses abschließen, bis er oder sie das Zustellprofil am Teilnehmerverzeichnis über MeinPostkorb im Unternehmensserviceportal löschen kann. Zum anderen scheint man im BMDW davon auszugehen, dass die Löschung eines Zustellprofils einen gültigen Widerspruch im Sinne des § 1b Absatz 4 E-GovG darstellt. Das aber ist zu bezweifeln, nicht nur weil sich dabei die Frage stellt, wie das System entscheiden kann, wer zur Löschung berechtigt ist. Wie gesagt, diese Auskunft wird als Skizze bezeichnet und unter FAQ verbreitet. Entsprechend ist die Verlässlichkeit dieser Auskunft zu bewerten. Ein verlässliche Auskunft gib es, wie erwähnt, weder beim BMDW, BMF noch beim USP - zumindest konnten selbst Mitarbeiter*innen der Ministerien und des USP dazu keine Angaben machen.
Die Hürde zum Löschen des Profils im Teilnehmerverzeichnis und damit zum Widerspruch
Wer im Unternehmensserviceportal Zugang zur eZustellung erhalten will, muss sich mittels Handysignatur oder Bürgerkarte autorisieren. Mit anderen Worten: Das Löschen des Zustellprofils im Teilnehmerverzeichnis und damit der Widerspruch setzen voraus, dass die Betroffenen über eine Handysignatur oder eine Bürgerkarte verfügen. Laut Auskunft des Unternehmensserviceportals gibt es keine Alternative.
Die Nötigung zur Handysignatur oder zur Bürgerkarte
Was machen Unternehmer und Unternehmerinnen, deren Daten ungefragt in das zentrale Teilnehmerverzeichnis übernommen wurden, wenn diese weder über eine Handysignatur verfügen noch über eine Bürgerkarte? Können sie über Vorgabe des willkürlichen Prozedere der Löschung des Zustellprofils und damit zum Widerspruch mittelbar gezwungen werden, sich für eine Handysignatur oder eine Bürgerkarte zu registrieren und damit die entsprechenden Risiken einer digitalen Signatur zu tragen?
Dem gesunden Rechtsempfinden nach müsste der Widerspruch zumindest so einfach einzulegen sein, wie es die Übernahme in das zentrale Teilnehmerregister für das Unternehmensserviceportal war. Es sollte eine schriftliche Erklärung ausreichen.
[Wie weiter…]
Es ist eher nicht zu erwarten, dass auf Ebene der Bürokratie die Frage gelöst werden wird, wie der Widerspruch eingelegt werden kann und das ohne Verpflichtung zur Registrierung für eine Handysignatur oder eine Bürgerkarte. Es liegt eine verquere Verflechtung von bürokratischem, technokratischem und legalistischem Zugehen vor, die womöglich erst vor Gericht entwirrt werden muss.
[… pragmatisch]
Nachdem weder beim BMDW noch beim BMF und auch nicht beim USP in Erfahrung gebracht werden konnte, an wen der Widerspruch gemäß §1b Absatz 4 E-GovG zu adressieren ist, scheint es ratsam, den eingeschriebenen Widerspruch sowohl beim BMF als auch beim BMDW einzubringen. Das wurde auch seitens des USP empfohlen.
[… mit welchem Ausgang]
Im Beispielfall teilte das BMDW mit, dass der Widerspruch eingegangen sei (12.9.2019). Die Löschung der nach §28b ZustG in das zentrale Teilnehmerverzeichnis beim USP aus FinanzOnline übernommenen Daten würde entsprechend veranlasst. Ein Bestätigungsschreiben werde postalisch verschickt.
Monate nach dieser Mitteilung und der deren postalischen Zustellung wurde seitens der Bundesrechnungszentrums per E-Mail (1.12.2019) unter dem Betreff Ihre schriftliche Abmeldung von der elektronischen Zustellung
folgendes mitgeteilt: Wir haben Ihre schriftliche Abmeldung von der elektronischen Zustellung erhalten. Ihr Unternehmen wird mit 15.12.2019 von der elektronischen Zustellung abgemeldet. Bitte beachten Sie, dass Sie innerhalb dieses Zeitraumes bis zur Löschung Ihrer Teilnehmerdaten für die Versender weiterhin für elektronische Zustellungen erreichbar sind.
Es ist, als wüssten die Akteure im Fall der eZustellung nichts voneinander. Ein Eindruck, der die bisherigen Erfahrungen bestätigt.
Seitens des BMF gab es keine Reaktion auf den Widerspruch.
Dieser Artikel steht in Bezug zum Beitrag: „Seltsame Praktiken beim BMDW Unternehmensserviceportal”