Die Post AG und ihre Probleme mit dem Datenschutz
Anfang des Jahres hatte die Recherche-Plattform Addendum aufgedeckt, dass die österreichische Post AG entgegen den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes (EU DSGVO, DSG) personenbezogene Daten aggregiert und verkauft, im konkreten Fall sogar sensible Daten: die Affinität zu Parteien. Ist die Post das österreichische Cambridge Analytica? Handelt es sich dabei um ein Erlösmodell, das damit wirbt, mit diesen Daten Einfluss auf Wähler*innen nehmen zu können?
Sieht man davon ab, dass die personenbezogene Zuschreibung von Parteiaffinität durch die Post AG höchst dubios und kaum nachvollziehbar ist, ist die Fehlerquote zudem enorm. Die Post AG schreckt offenbar nicht vor einem vermeintlich lukrativen Datenhandel zurück, auch wenn dieser klar gegen die DSGVO verstößt. Nachdem die Datenschutzbehörde in Österreich ein Verfahren gegen die Post eingeleitet hatte, hat die Post erklärt, sämtliche Informationen zu Parteiaffinitäten zu löschen.
Kaum war dieser Vorfall aus den Tagesmedien verschwunden, deckt Addendum auf, dass die Verletzungen des Datenschutzes bei der österreichischen Post AG noch deutlich weiter gehen. In Verbindung mit einem Technologiepartner soll Nutzerverhalten auf Zalando Österreich, der Unito-Gruppe (u.a. Online-Shops von Otto und Quelle) und weiteren Partnern „getrackt” werden und diese mit den entsprechenden Daten bei der Post AG weiter personalisiert und angereichert werden. Post - Die Affäre weitet sich aus. Nachdem Addendum diesen Missbrauch aufgedeckt hat, hat dem Vernehmen nach die Post AG eine „Vertriebspause” eingelegt. Aufschlussreich sind die Recherchen zu den Vertriebspartnern im Addendum Beitrag.
Für viele Adressverlage wie auch für die Post AG, stellt die noch nicht beschlossene EU ePrivacy Verordnung eine massive Bedrohung ihrer lukrativen Geschäftsmodelle dar. Tracking in dieser Form wird dann zumindest deutlich schwieriger werden. Aber schon jetzt stellt dieses Verhalten einen eklatanten Verstoß gegen das Datenschutzgesetz dar.
Es bleibt abzuwarten, ob die Datenschutzbehörde, die sich in der Vergangenheit als zahm und zahnlos erwiesen hat, in diesem Fall zu deutlichen Strafen kommen wird. Angesichts des möglichen Strafmaßes von vier Prozent des weltweiten vorjährigen Umsatzes und der schwere der Verletzungen sollte eine Strafe im siebenstelligen Bereich Klarheit darüber schaffen, dass Datenmissbrauch kein Kavaliersdelikt ist.
Was ebenso bedenklich ist, ist der Umgang der Post AG mit ihren Kunden. Viele Menschen haben zur Post noch großes Vertrauen. Das wurzelt in Zeiten, als die Post noch staatlich war. Damals waren die Postkunden die Kunden der Post. Heute sind viele Postkunden offenbar nicht mehr wirklich Kunden, sondern eher das Produkt, das verkauft wird. Ein weiteres Indiz für ein gestörtes Kundenverhältnis kann in der Preis- und Produktpolitik der österreichischen Post AG gesehen werden. Auch wenn Österreich mit der ÖBAG (vormals ÖBIB und davor ÖIAG) bei einer Beteiligung von 52.8 Prozent noch die Aktienmehrheit an der Post AG hält, versteht sich die Post offenbar nicht mehr als in der Pflicht der österreichischen Bevölkerung stehend, sondern in der Pflicht der Interessen ihrer Shareholder (wovon einer der Finanzminister ist).
Update (16.8.2019): Die Recherche-Plattform Addendum berichtet, dass das Landesgericht Feldkirch einer Schadensersatzklage gegen die POST AG stattgegeben hat und einem Kläger 800 EUR Schadensersatz wegen immateriellem Schaden zugesprochen hat. Es bleibt zu hoffen, dass die Post gegen dieses Urteil beruft und dieser Vorgang bis in die höchste Instanz ausjudiziert wird. Es ist davon auszugehen, dass das Urteil des Landesgerichts Feldkirch auch im Instanzweg bestätigt werden wird. Dann könnte eine Lawine an Schadensersatzklagen auf die POST AG zukommen, die ihr tatsächlich nur zu wünsche ist, nachdem das Unternehmen völlig uneinsichtig ist, was Datenschutz angeht.
Update (1.9.2019): Die POST AG hat via Klagsdrohung eine Wissenschaftlerin zur Unterzeichnung einer Unterlassenserklärung „veranlasst”, nachdem diese im öffentlichen Rundfunk auf Ö1 im Rahmen eines Interviews die Datensammelpraxis der POST AG kritisiert hatte. Zum Beitrag: POST AG droht Wissenschafterin mit Klage auf Unterlassung wegen Kritik
Update (29.10.2019): Zu 18 Millionen EUR wurde die POST AG von der Datenschutzbehörde verurteilt. Gegen dieses Urteil hat die POST AG Berufung eingelegt. Es ist damit nicht rechtskräftig.
Update (1.12.2020): Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat den Bußgeldbescheid der Datenschutzbehörde über 18 Millionen EUR mit Verweis auf nationale Verfahrensregeln aufgehoben. Kritik: Die DSB hat im Spruch des Straferkenntnisses die natürliche Person, deren Verstoß gegen die DSGVO der Beschwerdeführerin zugerechnet werden soll, nicht benannt.
Weitere Informationen
Ausführliche Rechercheergebnisse zum Fall Post und Verletzung des Datenschutzes finden Sie im Projekt „067 Datenhandel” auf Addendum
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Editorischer Hinweis:
Eingetragen von Conrad Lienhardt am 30.01.2019 – Last touched: 2.12.2020 – Contents updated: 2.12.20202 Kommentare, 1 webmention
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Kommentar von: tati Besucher

Weiß jemand, ob die Post zu Strafzahlungen verurteilt wurde oder nur gerügt? Bei den schlamperten Verhältnissen in Österreich kann ich mir vorstellen, dass die Post nur ermahnt wurde, dabei gäbe es bis zu 20 Millionen Euro an Strafen zu verhängen.
Kommentar von: Michaela Belzig Besucher

Sind eigentlich Strafen vehängt worden? Man hört dazu nichts. Wäre schon bedenktlich, wenn man so etwas ungestraft ließe.
Webmention von: fokus.genba.org Besucher

https://fokus.genba.org/dsgvo-konsequentes-strafen-weniger-panikmache
Eine konsequente Umsetzung des Datenschutzes setzt einen entsprechenden politischen Willen und eine unabhängige, konsequente Rechtsdurchsetzung durch die Datenschutzbehörde voraus. In Österreich darf beides bezweifelt werden.