Mystery Service Checks bringen erstaunliche Ergebnisse
Man kommt gar nicht darum herum: Ob es sich um Nachfragen, Service Auskunft, Beratung, Mängelrügen etc. handelt: jeder Kunde hat mit Unternehmen sowohl vor, während als auch nach dem Kauf zu tun. Und dabei erlebt man immer wieder Überraschungen — auch im Kontakt mit Behörden. Eine Mystery Research Tour bringt Schwachstellen ans Licht.
Als Kunde habe ich selbst sehr unterschiedliche Erfahrungen mit der Güte der Kommunikation gemacht und dabei festgestellt, dass das Niveau der Kundenorientierung und professionellen Kundenkommunikation sehr unterschiedlich ist. Da lag es nahe, meine Erfahrungen zu systematisieren und auf eine Basis zu bringen, die Vergleiche möglich machen sollten. Mystery Research empfahl sich als Instrument dazu.
Als bekannteste Facette des Mystery Research kann Mystery Shopping gelten. Dies geht zurück auf die 40er Jahre des vergangenen Jahrhunderts und hat sich seither als Instrument mit dem Ziel, Kundenzufriedenheit zu erhöhen, bewährt. Die Methoden sind mittlerweile sehr ausgefeilt und differenziert.
Nachdem Mystery Research nicht zu meinen Dienstleistungen zählt und ich dazu auch keine ausgesprochene Expertise und Erfahrung besitze, ist meine Herangehensweise einfach und möglichst unaufwändig gehalten.
Standardisierte Auswertungsbögen
Damit meine Erfahrungen nicht bloße Eindrücke bleiben, hatte ich mich vor Monaten entschlossen, standardisierte Auswertungsbögen zu erstellen und fortan jeglichen entsprechenden Kontakt (E-Mail, Telefon, Brief, Persönliche Beratung) zu dokumentieren.
Damit die Ergebnisse nachvollziehbar ausgewertet werden können und die Abwicklung effizient erfolgen kann, habe ich kurzerhand die Auswertungsbögen als Umfrage in einem Online Umfrage Tool angelegt. Dazu nutze ich LimeSurvey, mit dem ich im Bereich Marktforschung schon seit Jahren arbeite.
Nach jedem Kontakt mit Unternehmen und Behörden rufe ich die Umfrage auf und dokumentiere die Erfahrung. Damit reduziert sich der zeitliche Aufwand auf wenige Minuten.
Stresstests in Variationen
Kaum jemand ist gleich temperiert und wie viele reagierte auch ich anfangs unmittelbar auf mein Gegenüber. War ich beispielsweise schon zehn Minuten in der Warteschleife und wurde dann auch noch unfreundlich behandelt, dann war meine eigene Freundlichkeit ebenfalls anders, als im Fall einer prompten und freundlichen Begegnung. Ich musste daher mein eigenes Verhalten kontrollieren und versuchen es einigermaßen konstant zu halten, um zu vermeiden, dass eine Gesprächsdynamik die Ergebnisse verfälschen könnte, es also in gewisser Weise standardisieren.
Da war es dann auch naheliegend, Rollen zu definieren. Damit das überschaubar blieb habe ich mich auf drei Rollen beschränkt: freundlich/neutral, begriffsstutzig/umständlich, unfreundlich.
Unter freundlich verstehe ich einen angemessenen, höflichen und aus guter Kinderstube kommenden Umgang mit anderen, auch wenn diese selbst unfreundlich sind. Neutral meint, dass die Freundlichkeit nicht übertrieben ist, um nicht den Eindruck von Schrulligkeit oder Anbiederung zu erwecken.
Begriffsstutzig und umständlich soll eine Rolle simulieren, in der der Kunde (in diesem Fall also ich selbst) ängstlich und überfordert erscheint, mit Technologie keine Erfahrungen besitzt und sich lieber alles dreimal erklären lässt. Das fängt an bei der Suche nach der Kundennummer. Auf die Frage: “Könnten Sie mir bitte Ihre Kundennummer geben” antworte ich dann meist: “Wo finde ich die Kundennummer?” Dann gebe ich meist eine andere Nummer als erstes an oder korrumpiere die Kundennummer durch einen Zahlendreher etc. Manchmal, wenn sich meine Anfrage nicht auf eine Rechnung oder Bestellung bezieht, gebe ich auch vor, die Kundennummer einfach nicht zu finden. Ich vermeide Fachvokabular und drücke mich umständlich aus, wie eben jemand, der mit dem Produkt unerfahren ist. Diese Rolle auszuleben macht auch Vergnügen. Es kommt dabei immer wieder zu ganz lustigen Gesprächen, wenn mein Gegenüber freundlich und offen ist. Diese Rolle hat aber auch schon dazu geführt, dass ich grob beschimpft wurde, von wegen, wenn man ein Produkt nicht versteht sollte man halt die Finger davon lassen.
Die unangenehme Rolle ist die des unfreundlichen Kunden oder Interessenten. Schlecht gelaunt, empfindlich und im Ton etwas zu laut, mit einer Prise schlechter Kinderstube ist diese Rolle angelegt. Dabei geht es mir darum zu sehen, ob mein Gegenüber so professionell agiert, um dennoch freundlich zu bleiben und sich nicht in eine Dynamik verwickeln zu lassen. Damit ich mein Gegenüber nicht frustriert und verärgert zurück lasse, erkläre ich meist am Ende des Gespräches, dass es sich um einen Mystery Service Check gehandelt hat und gebe ein kurzes Feedback, i.d.R. auch eine Entschuldigung für die Unfreundlichkeit. Die Reaktionen darauf sind manchmal selbst wieder erhellend, fließen aber nicht in die Auswertung ein.
Und die Insights?
Die Spannweite der Qualität des Kundenkontakts von Unternehmen und Behörden ist groß, für eine Dienstleistungsgesellschaft eigentlich zu groß.
Was sich auch zeigt ist, dass bei einzelnen Unternehmen und Behörden neben persönlichem unangemessenem Fehlverhalten vieles darauf hindeutet, dass die Mitarbeiter_innen nicht ausreichend geschult werden, bzw. bei der Auswahl von Mitarbeiter_innen die im Kundenservice tätig sind, zu wenig Augenmerk auf Kommunikations- und Sozialkompetenz gelegt wird. Deutlich wird dabei, dass hier ein teilweise gravierender Wettbewerbsnachteil in Kauf genommen wird.