Akademische Bildungsabschlüsse und der Bildungsmarkt
Das Problem mit fragwürdigen akademischen Graden
Dass Leistungsniveaus rapide sinken und akademische Grade eine beachtlichen Inflation erfahren, ist nichts Neues. (Siehe dazu Leistungs- und Noteninflation
) Mit der Herausbildung eines Bildungsmarktes und der Entwicklung einer Bildungsindustrie wurden akademische Abschlüsse zu einem Produkt. Öffentliche und private Hochschulen sowie private Bildungsanbieter ohne Hochschulstatus aber mit lukrativen Joint Ventures mit Hochschulen, die das Graduierungsrecht besitzen, hatten sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt.
Anteil intelligenter Menschen bleibt konstant
Nun ist es so, dass in einer Gesellschaft der Anteil überdurchschnittlich intelligenter Menschen konstant bleibt. Für ein Hochschulstudium sollte man annehmen, dass zumindest ein Intelligenzquotient von 115 vorausgesetzt werden müsste, um die erforderlichen Leistungsanforderungen eines Hochschulstudium erfolgreich erfüllen zu können. Nur 32 Prozent der Altersgruppe erfüllen diese Voraussetzung.
Das hieße, dass die Zahl der Studienbewerber mit ausreichender Hochschulreife einigermaßen konstant bleiben müsste, insbesondere wenn die demografische Entwicklung keine signifikante Zunahme entsprechender Alterskohorten ausweist.
Der stark steigende Anteil Jugendlicher, die Mittelschulen und Hochschulen besuchen und damit auch der Zuwachs an Akademikern korreliert demnach nicht mit der Intelligenzverteilung, so man nicht von einer „wundersamen Intelligenzvermehrung” (Jochen Krautz) ausgehen will.
Der Zustrom zu höherer formaler Bildung ist politisch bedingt
Der Umstand, dass immer mehr Jugendliche Zugang zur tertiären Ausbildung erhalten, ist demnach nicht Folge eines zunehmenden Anteils Begabter und Hochbegabter, sondern eine politische Entscheidung. Der Preis: Senkung des Anspruchsniveaus mit der Folge einer Senkung des Leistungsniveaus. Das ist dem überwiegenden Teil der Entscheidungsträger in der Bildungspolitik bewusst.
Die Argumentation, dass der Zugang zu formaler Bildung sozial gefiltert sei, dürfte seit den 70er Jahren nicht mehr schlüssig zu begründen sein. Es gibt ein – zugegebenermaßen reformbedürftiges – Förder- und Beihilfewesen. Der Umstand, dass in sozial schwächeren Familien der durchschnittliche formale Bildungsstand unterdurchschnittlich zu Gesamtbevölkerung ist, dass Bildung dort vielfach keinen besonderen Stellenwert genießt, bedeutet nicht zwangsläufig, dass viele Begabte durch diesen Kontext behindert wären und die Gesellschaft dies durch niedrige Eintrittsbarrieren in höhere formale Bildungswege kompensieren müsste.
Es ist unbestritten, dass Familien, in welchen Eltern und Großeltern selbst keinen Wert auf Bildung legen, umgangssprachlich ungebildet sind, schlechte Voraussetzungen für Kinder bieten, aus diesem Bildungsmilieu zu entkommen. Das schaffen dann wohl nur solche Kinder mit ausgesprochen hoher Begabung und ausgeprägtem Willen. Während es in bürgerlichen Kontexten auch weniger begabte Kinder aufgrund von Förderungen im Elternhaus schaffen, Zugang zu höherer formaler Bildung zu bekommen.
Die Konsequenz daraus kann aber nicht sein, dass man die Standards für formale Bildung soweit absenkt, dass auch Minderbegabte gleich aus welchen sozialen Schichten Matura und Studienabschluss schaffen. Das wäre ein fataler politischer und gesellschaftlicher Fehler. Leider zeichnet sich schon seit einigen Jahren genau dieses Szenario ab.
Der Wettbewerb von Bildungsanbietern verschärft die Leistungsinflation
Seit der Umsetzung der Bologna Reform werden allenthalben Studiengänge für Bachelor und Master auf den Bildungsmarkt geworfen, in der Hoffnung für diese speziellen Bildungsprodukte genügend Interessenten zu finden – Käufer bleibt zunächst der Staat, der das Bildungssystem im Wesentlichen finanziert und die Ökonomisierung des Bildungsbetriebs voran treibt. Dabei zeigen sich Fachhochschulen und Universitäten als geschickte Marketer.
Im Fachhochschulbereich kommt hinzu, dass sich diese Bildungseinrichtungen quasi über Kopfgeld finanzieren. Maxime bei der Auswahl und Zulassung von Studienbewerbern ist nicht ausschließlich die Qualifikation, sondern vor allem die Auslastung des Angebots. Erst wenn die Nachfrage deutlich die Zahl der Studiengangsplätze übersteigt, kommen angemessene Auswahlverfahren zum Zuge. Damit ist jedoch noch nicht gesagt, ob damit ein erforderliches Qualifikationsniveau erreicht wird, das man an ein Hochschulstudium anlegen müsste.
Private Anbieter von Bachelor- und Masterstudiengängen, verlangen, zumindest in Österreich, zwischen 17 und 23Tausend Euro für die Dienstleistung, ihre Klientel zum erfolgreichen Studienabschluss zu bringen. Daher ist ihr Scheitern, womöglich bei einer Quote von dreißig Prozent, letztlich nicht vorgesehen. Das wäre alles andere als eine gute Werbung für einen privaten Bildungsanbieter. Der Verdacht, dass insbesondere jene, die sich an staatlichen Hochschulen keinen Erfolg erwarten und daher auf private Anbieter ausweichen, ist nicht auszuräumen. Mittlerweile können die privaten Bildungsanbieter nicht mehr selbst graduieren, sondern benötigen dazu eine Partnerorganisation, seien es staatliche Hochschulen oder akkreditierte private Hochschulen. So müssen private Betreiber einen Teil ihrer Einnahmen mit beispielsweise Partneruniversitäten teilen, für die diese Joint Ventures ein teilweise lukratives Geschäft darstellen.
Private Bildungsanbieter bieten hierzulande selbst Promotionsstudiengänge an, obwohl sie in der Regel reine ‚Abwickler’ sind und selbst keinerlei Forschung betreiben, dafür aber im Schnitt 35+Tausend Euro kassieren. Im Zusammenspiel mit Partneruniversitäten im europäischen Ausland, zumeist in Polen, Bulgarien aber auch Rumänien werden die Promotionsverfahren abgewickelt, häufig eben in Ländern, die Probleme mit Korruption haben. Der Umstand, dass innerhalb der EU die an staatlichen Hochschulen erworbenen akademischen Titel anerkannt werden müssen, hat das Tor zu dieser Entwicklung weit aufgestoßen.
Entwertung akademischer Abschlüsse
So wundert es nicht, dass Unternehmen gar nicht so selten feststellen müssen, dass akademische Abschlüsse wenig über die tatsächliche Qualifikation der Bewerber aussagen.
1 Kommentar
Kommentar von: Günter Besucher

lasst sie doch alle studieren. irgendwann werden sie schon merken, dass sie nach 5 jahren studium weniger verdienen als ihre eltern, die nicht studiert haben.