Suspendierungen von Studierenden an Hochschulen
In den Medien ist der Fall HTL Ottakring, wo es zur körperlichen Auseinandersetzung von Schülern und Lehrendem kam, weidlich ausgewalzt worden. Das Thema Suspendierung oder gar Ausschluss als Sanktion für nicht konformes Verhalten wurde in diesem Zusammenhang vor allem für den sekundären Bildungsbereich diskutiert. Wie aber verhält es sich an Hochschulen? Ein konkreter Fall ist mir während meiner Lehrtätigkeit begegnet.
Studierende hatten in einem privaten Blog über ihre Erfahrungen an einem Fachhochschulstudiengang geschrieben, etwas provozierend, kabarettistisch. Da ging es um Lehrveranstaltungen, Lehrende und Exkursionen und das Leben am Campus. Eigentlich harmlos. Es gab, soweit ich das übersehen konnte, keinerlei strafrechtlich auffällige Postings, weder Hatespeech noch Verleumdungen oder dergleichen. Andererseits sahen sich einzelne Lehrende dennoch persönlich angegriffen und beleidigt und am Studiengang sah man das Image bedroht. Es kam letztlich zu einem internen Verfahren, in welchem demjenigen Studierenden, auf dessen Namen das Bog registriert war, dringlich angeraten wurde, die Hochschule zu verlassen und in welchem gegenüber den anderen Studierenden eine Abmahnung ausgesprochen wurde. Insgesamt wurde Stillschweigen vereinbart und so blieb die Angelegenheit unter der Decke.
Mich hat das damals sehr verwundert. Es mag nicht die feine englische Art gewesen sein, in der das Verhalten einzelner Lehrender (die ohnehin nicht bei ihren Namen genannt wurden, wenngleich sie für Insider unschwer zu identifizieren waren) an die Öffentlichkeit gezerrt wurde, Eigenheiten persifliert wurden. Dennoch war das in meinen Augen eher eine Frage des Geschmacks und der Angemessenheit sprachlichen Ausdrucks.
Anstelle der getroffenen Disziplinarmaßnahmen hätte man mit den Studierenden diesen Vorgang zu einem Beispielfall machen können. Gemeinsam in einer Vorlesung, zu Themen rund um Marketing, Kommunikation oder Krisenmanagement, hätte man darüber nachdenken und Übungen machen können, wie bspw. Unternehmen mit ähnlich gelagerten Fällen umgehen könnten, sofern Mitarbeiter*innen oder Marktteilnehmer*innen sich in einem Blog über das Unternehmen und das Management kritisch, vielleicht auch unfair äußerten. Daraus hätte man einen hervorragenden Case machen können und die Studierenden wären wohl mit großem Engagement dabei gewesen. Die Chance für eine ‚Lessons learned’ wurde vergeben, sofern man die Erkenntnis, dass man niemanden provozieren sollte, der am längeren Hebel sitzt, nicht als solche bezeichnen will. Zudem hatte ich den Eindruck, dass das Krisenmanagement der Hochschule nicht gerade brillierte.
Ähnliche Vorgänge gab es häufiger, wo Studierende in privaten Blogs über den Studiengang und die Hochschule schrieben. Selbst berechtigte kritische Anmerkungen wurden hier fallweise wie „Majestätsbeleidigungen” oder „Herabwürdigung einer Institution” aufgefasst. Unter entsprechendem Druck wurden die Blogs zumeist eingestellt.
Nicht jede Kritik, auch dann nicht, wenn sie persiflierend oder auch ätzend daher kommt, ist sofort Mobbing und Fehlverhalten. Es ist immer eine Frage, wie man damit umgeht und wie das Umfeld darauf reagiert.
Das alles war meilenweit entfernt von Vorgängen wie dem an der HTL Ottakring. Die Disziplinarmaßnahmen waren aber vergleichbar.