Im Studiengang ‚Marketing und Electronic Business’ an der Fachhochschule Oberösterreich, Campus Steyr bemüht man sich, Studierenden eine Vorstellung davon zu vermitteln, was unter Kundenbeziehungsmanagement gemeint ist und warum gute Beziehungen zu Kunden wichtig für den Geschäftserfolg sind. Allerdings scheint der Transfer zum Beziehungsmanagement zwischen Fachhochschule/ Studiengang und Lektor*innen selbst (noch) nicht wirklich geglückt.
Loses Ende eines Lektoren Arbeitsverhältnisses
Vor einigen Tagen hatte ich versucht, mich in meinen Lektoren Account einzuloggen. Vergeblich. Eine Nachfrage bei der IT der FH OÖ hat ergeben, dass der Account auf Veranlassung des Studiengangs deaktiviert wurde. Mit dem Account wurde auch die E-Mail Adresse deaktiviert. Das überraschte mich, denn ich hatte zuvor keine Information dazu erhalten.
Nachdem ich vor zwei Semestern die angefragte Betreuung zweier Betriebspraktika und Bachelorarbeiten aus nachvollziehbaren Gründen nicht übernehmen konnte, gab es keine weiteren Anfragen seitens der Studiengangsleitung mehr.
Dass Accounts geschlossen werden, weil sie nicht mehr benötigt werden, ist nicht ungewöhnlich. Wenn ein Account geschlossen wird, ohne die betroffene Person jedoch darüber zu informieren, zeugt das hingegen von fehlendem professionellem Beziehungsmanagement und von mangelndem kollegialen Anstand.
Laut Auskunft der IT der FH OÖ werden auch ohne Veranlassung durch Studiengänge Accounts geschlossen, sofern die jeweiligen Account Inhaber aktuell keine Lehraufträge besitzen. Wie dieses Matching vor sich geht, konnte man mir allerdings nicht sagen. Man erklärte jedoch, dass es auch in diesen Fällen keine Informationen vorab gab und gibt.
Fehlende Umsicht bei der gegenwärtigen Praxis der Schließung von Accounts
Kein Zugriff mehr auf eigene Unterlagen und Dokumente
Nun sind laut Vertrag die Lehrinhalte Eigentum des jeweils Lehrenden. Unterrichtsmaterialien, Skripte und Präsentationen liegen auf Servern der Fachhochschule, wie bspw. auch das Archiv betreuter Bachelor- und Masterarbeiten, Lehrveranstaltungsevalutationen und andere Dokumente. Das ist auch nachvollziehbar, da Studierende über das jeweilige Semester hinaus auf Lehrinhalte zugreifen können sollten. Durch die unangekündigte Schließung eines Accounts besteht jedoch keine Möglichkeit, die eigenen Dokumente herunterzuladen, oder – wo möglich – zu löschen.
Keine Möglichkeit auf bevorstehende Deaktivierung einer E-Mail Adresse hinzuweisen
Im Laufe einer längeren kontinuierlichen Lehrtätigkeit ergibt sich zwangsläufig ein Netzwerk mit Kolleg*innen und diversen Einrichtungen. Würden Lektor*innen frühzeitig über eine bevorstehende Deaktivierung oder Löschung der E-Mail Adresse informiert, so könnten diese ihre Kontakte entsprechend darauf aufmerksam machen, bzw. via Autoresponder für eine angemessene Frist darüber informieren, dass die Adresse nicht mehr in Betrieb sei und der Adressat unter folgender Adresse erreichbar sei.
Aktuell erhält jemand, der eine Nachricht an eine deaktivierte E-Mail Adresse eines Lektors schickt, weder einen Hinweis, dass die E-Mail Adresse deaktiviert wurde noch eine Mailer-Daemon Nachricht. D.h. der Absender muss zwangsläufig davon ausgehen, dass die E-Mail zugestellt wurde, was tatsächlich aber nicht der Fall ist.
Keine Auskunft zum Datenhandling personenbezogener Daten nach DSGVO
Laut EU Datenschutzverordnung (DSGVO) sind personenbezogene Daten zu löschen – sofern keine gesetzlichen Aufbewahrungsfristen dagegen sprechen – wenn der Anlass zur Verarbeitung weggefallen ist. Für eine Vielzahl personenbezogener Daten und Inhalte auf den Servern der FH gibt es keine gesetzlich geregelten Aufbewahrungsfristen. Es ist völlig ungeklärt, zumindest nicht kommuniziert, wie mit diesen Daten umgegangen wird, nachdem ein Account deaktiviert, bzw. geschlossen wurde. Eine entsprechende Information wurde nicht bereitgestellt.
Dazu ist ungeklärt, wie mit personenbezogenen Daten auf Plattformen verfahren werden soll, auf welchen Accounts im Zusammenhang mit Lehrveranstaltungen eingerichtet wurde. Da die Nutzung dieser Accounts dienstlich erfolgte, ist dort die FH-Email Adresse als Referenzadresse hinterlegt. Nachdem E-Mail Adressen unangekündigt gesperrt wurden, ist es bei vielen dieser Plattformen nun nicht möglich, die Accounts zu löschen, denn dazu bräuchte es eine Bestätigung des Löschauftrags, die über eben diese E-Mail Adresse erfolgen müsste. Es ist daher in vielen Fällen nicht möglich, diese Accounts zu löschen.
Fehlende formelle Beendigung eines Lehrauftrags Verhältnisses
Wie sich die Situation am Studiengang ‚Marketing und Electronic Business’ darstellt, bleiben Lektor*innen im Unklaren darüber, wie sich mittelfristig, über die jeweils semesterbezogenen Lehrverträge hinaus, das Auftragsverhältnis entwickeln wird. Hier hat sich die Situation in den vergangenen Jahre deutlich verschlechtert.
Wer schon einmal eine Lehrveranstaltung inhaltlich und didaktisch entwickelt hat, Unterlagen und Skripte erstellte, weiß, wie aufwändig das ist. Dieser Aufwand muss letztlich in ein Verhältnis zur Auftragssituation gebracht werden. Wird ausdrücklich nur ein einmaliger Lehrvertrag für ein Semester und eine Lehrveranstaltung angefragt, dann wird man das in der Vorbereitung berücksichtigen. Gibt es Aussicht, entwickelte Lehrveranstaltungen in den Folgejahren erneut zu halten, dann wird die Investition samt Aktualisierungsanforderungen anders ausfallen. Lässt die Studiengangsleitung das offen, dann ist das zum Nachteil der Studierenden und der Lektor*innen.
Der Umgang mit Lektor*innen nach dem Motto, sie werden, wenn sie nicht angefragt werden, schon mitbekommen, ob es weitere Lehraufträge geben wird oder nicht, ist für einen akademischen Lehrbetrieb doch sehr unangemessen. Kein Unternehmen könnte sich einen solchen Umgang mit Mitarbeiter*innen leisten, auch nicht gegenüber wichtigen Dienstleistern. Es gibt nicht so viele fachlich Qualifizierte, zumal Promovierte mit entsprechender langjähriger Berufserfahrung, die sich für einen Lehrauftrag zur Verfügung stellen. Denn schon länger bietet ein Lehrauftrag an einer Fachhochschule keinen nennenswerten Reputationsgewinn mehr. Qualifizierte Lektor*innen, die das nebenberuflich betreiben, sind doch eher rar. Das spielt für Studiengänge dann keine nennenswerte Rolle, wenn man die Qualitätsanforderung reduziert, wenn bspw. wie an diesem Studiengang geschehen, ehemalige Studierende für einen Lehrauftrag verpflichtet werden, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt das Master Studium selbst noch nicht abgeschlossen haben und nur über geringfügige Arbeitserfahrung im Rahmen des berufsbegleitenden Studiums verfügen.
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Gibt es an der Fachhochschule kein Qualitätsmanagement? Derartige Zustände wären an der Hochschule, an der ich tätig bin, nicht möglich. Hier werden LektorInnen geschätzt. Ich bekomme Einladungen zu Forbildungen, habe mindestens einmal im Semester ein Feedback Gespräch mit der Studiengangsleiterin, es gibt eine abschließende Besprechung sobald die Evalutationen vorliegen und ich weiß, dass ich meine Lehrveranstaltung zumindest bis zur nächten Anpassung des Lehrplans abhalten kann.