Soziale Netzwerke und die Einsamkeit der Konsumenten
Zygmunt Bauman fragte sich, ob soziale Netzwerke eine Antwort auf die Einsamkeit des Konsumenten seien, wobei er – was ich ihm unterstelle – mit Konsumenten nicht nur jene meint, die Konsumgüter käuflich erwerben, sondern generell alle, die ihre Selbstbestätigung durch Konsum suchen. Eklatanten Ausdruck findet das bei jenen Konsumenten, für die der Kaufakt selbst das eigentlich zentrale Erlebnis ist. Wie sonst wären jene Berichte zu deuten, wo Konsumenten zu Hause unausgepackte Waren, auch Lebensmittel horten. Oder wo über illegale Tauschplattformen endlos Filme und Musik herunter geladen werden, ohne betrachtet oder gehört zu werden, wo kostenlose Apps aufs Handy geladen werden, ohne jemals genutzt zu werden. Dieses Verhalten kann sich zur Sucht ausweiten. Durch die Aufnahme in den IDC-11 soll künftig Konsum - bzw. Kaufsucht sogar als Krankheit anerkannt werden.
Wo Konsumverhalten zur sozialen Deformation führt – und das Gefühl von Einsamkeit kann eine Form sozialer Deformation sein – geraten Menschen häufig in eine seltsame Spirale. Konsum wird als Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erlebt. In der extremen Form reduziert sich dann letztlich gesellschaftliche Teilhabe auf Konsum. Konsum wird damit zum Surrogat gesellschaftlichen Lebens.
Soziale Netzwerke kommen solchen Menschen entgegnen. Um sich mit anderen auszutauschen genügt es, sich vor seinen PC zu setzen, sein Tablet in die Hand zu nehmen oder auch nur sein Smartphone. Es ist nicht nötig, die Wohnung zu verlassen, nicht erforderlich, dorthin zu gehen, wo Menschen real zusammen kommen. Zudem ist es im Internet viel bequemer und einfacher, die Illusion von gesellschaftlicher Teilhabe aufrecht zu erhalten. Netzwerke wie Pinterest eignen sich ausgezeichnet beispielsweise für modisch orientierte Konsumenten. Hier ist es zudem nicht einmal erforderlich die Dinge tatsächlich zu kaufen. Der Kaufakt wird durch das Pinnen des Konsumobjektes ersetzt. Werden die Pins kommentiert oder „repinned” oder „geliked”, dann kommt zur Befriedigung des virtuellen Kaufaktes noch die soziale Anerkennung und die Welt ist in Ordnung. Das reale Objekt spielt dabei keine Rolle mehr.
Insofern sind Soziale Netzwerke für konsumbestimmte Zeitgenossen eine gute Alternative zum Einkaufen in Shopping Malls. Es ist nicht so kostspielig, sie müssen sich nach dem Kauf nicht mit den Waren herumschlagen und soziale Anerkennung ist im Netz ebenfalls leichter zu bekommen. So werden Soziale Netzwerke zum Surrogat des Surrogats.