Richtung 1984?
Unlängst habe ich gelesen, dass jemand verhaftet wurde, nur weil er seinem Ärger über enorme Flugverspätungen in einem Tweet (Nachricht über Twitter) an Freunde Luft gemacht hatte und darin meinte, dass man den Flughafen einfach in die Luft sprengen sollte. Wer bestimmte Worte und Begriffe verwendet, ist wohl schnell auf einer Watchlist oder im Kriminal.
Comte de Lautréamont (denke da an die Gesänge des Maldoror), André Breton (hier erinnere ich mich an seinen Aufruf im Surrealistischen Manifest: .. mit Revolvern in den Fäusten auf die Straße zu gehen und blindlings soviel wie möglich in die Menge zu schießen), u.v.a.m. würden heute wohl alle in irgend einer Weise kriminalisiert werden. Ob ein Urs Allemann heute noch den Bachmann Literaturpreis für sein "Babyfi cker" (1991) bekäme, oder doch eher eine Klage, lässt sich wohl nicht eindeutig sagen.
Die Verrohung unserer Sprache einerseits und andererseits die weit über political correctness hinausgehende Beschränkung von Meinungsfreiheit ist schon bedenklich. Noch bedenklicher sind die Überlegungen, die es ermöglichen sollen, einzelne bereits vor Begehen einer Straftat zu verhaften und zu verurteilen - nur auf die begründete Aussicht hin, dass sie diese hätten verüben wollen.
Die Freiheitsrechte werden spürbar und fortgesetzt eingeschränkt. Das ist nicht nur eine demokratische Herausforderung. Freiheit ist immer auch riskant. Das Risiko minimieren und/oder die Herausforderung "entschärfen" bringt zwangsläufig Verlust von Freiheit mit sich. Dieser Verlust von Freiheit ist durch ein vermeintliches Mehr an Sicherheit und Versorgungshaltung nicht zu rechtfertigen. Die Idee der Freiheit muss in der Verantwortung jedes einzelnen Bürgers bleiben, sie kann nicht folgenlos delegiert werden.
In diesem Zusammenhang habe ich ein sehr aufschlussreiches, informatives und gut geschriebenes Buch gelesen: „Angriff auf die Freiheit: Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte” von Ilija Trojanow und Juli Zeh. Ein Buch, das ich wirklich empfehlen kann.