VG Bild-Kunst – Verwertungsgesellschaft am Rande des Social Web
Urheberrechte und Leistungsschutzrechte sind eine komplexe Materie, auf die viele Zeitgenossen riskanterweise alltagspragmatisch zugehen: „Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird”, bzw. „Es scheren sich so viele nicht wirklich darum; es müsste schon dumm hergehen, wenn es ausgerechnet mich erwischen würde.” Gemeint sind Abmahnungen und Klagen. Jedoch, wer nicht um- und vorsichtig agiert, hat schneller Probleme am Hals als ihm lieb ist.
Selbst wer sich um Rechtskonformität bemüht, findet sich mit einem durchaus unsicheren Terrain konfrontiert, denn die gegenwärtige Gesetzeslage und Rechtspraxis lässt einige relevante Fragen und Aspekte unbeantwortet oder gibt noch wenig zufriedenstellende Antworten.
VG Bild-Kunst lebt in analogen Welten
Ein Beispiel mag das anschaulich machen. Wer ein Bild eines Künstlers, der noch keine 70 Jahre tot ist und dessen Rechte von der VG Bild-Kunst wahrgenommen werden, für seine Webseite oder sein Blog nutzen möchte, ist mit folgenden Kosten konfrontiert.
Ein Kostenbeispiel
Angenommen die Nutzung des geschützten Bildes für die Webseite, bzw. das Blog werden als kulturelle Nutzung eingestuft (also keine kommerzielle Nutzung), dann werden dem Betreiber 15 EUR zzgl. MwSt berechnet. Hinzu kommen pro Share-Button für Soziale Netzwerke ein Aufschlag von 12 Prozent. Wer die vier üblichen Social Share Buttons nutzt, muss daher mit einem Aufschlag von 48 Prozent rechnen. Das würde in Summe den Betrag von 22,20 EUR zzgl. MwSt. ausmachen. – Nun kommt es: Dieser Betrag wäre monatlichfällig, solange das Bild genutzt wird, als zielte ein Blog darauf ab, Postings mit Verfallsdatum zu verfassen.
Wer also ein bei VG Bild-Kunst gelistetes Werk in einem Blog nutzen will, dem entstehen schnell einmal 317 EUR Kosten jährlich - wohl gemerkt für die einmalige Nutzung eines Werkes. Stellen Sie sich vor, sie würden ein Blog führen über Kunst und Ausstellungen in Berlin, München oder Köln. Bei einer kommerziellen Nutzung sind die Tarife deutlich höher. (Vgl. Tarife von VG Bild-Kunst)
Absurd. Wer käme auf die Idee monatliche Nutzungsgebühren für den Abdruck eines Bildes in einem Buch auf die Dauer seiner Lieferbarkeit zu erheben, womöglich sogar antiquarischen Lieferbarkeit? Welcher Verleger könnte sich das leisten? Hier bräuchte es eine Musterklage, um rechtlich Klarheit zu schaffen und den arrière-goût von Abzocke auszuräumen.
Trotzdem bleibt Rechtsunsicherheit
Die Dimension des Social Web scheint deutlich unterschätzt, wenn mit einer Aufschlaggebühr für Social Buttons quasi der Sharing Aspekt im Social Web abgedeckt werden sollte. Eine doch eher naive oder aber auch geschäftstüchtige Herangehensweise.
Sie verwenden bspw. Twitter Cards. Wer immer auf Twitter nun Ihr Blogpost mit einschlägigem Bild verlinkt und twittert, veröffentlicht quasi auch das Bild, das als Card dem Tweet angehängt wird. Ähnliches geschieht auch auf Google Plus usf. Wenn Sie wollen, dass Ihre Blogposts im Social Web geteilt werden, dann tun sie in diesem Fall allen jenen keinen Gefallen, die es teilen. Denn der Urheberschutz zielt ja auf die Veröffentlichung von geschützten Werken. Entsprechend machten sich diejenigen, die Ihr Blogpost teilen und dabei zugleich das geschützte Werk als Twitter Card veröffentlichen einer Verletzung des Urheberrechts schuldig. Sie könnten sich mit einer Abmahnung oder Klage konfrontiert sehen.
Es könnte allerdings auch sein, was jedoch nicht deutlich genug ist, dass mit dem Social Button Aufschlag gleichzeitig sämtliche Ansprüche auf Veröffentlichungsentgelte für die jeweiligen Sozialen Netzwerke abgegolten sind, die durch Dritte im Zuge des Teilens anfallen würden. Für diesen Fall bezahlte der Betreiber des Blogs die Nutzungsgebühren quasi für Dritte mit.
Was aber passierte, wenn Tweets mit jenem Bild als Twitter Card im Web noch weiter kursieren, während bswp. das Bild im Blog selbst bereits nicht mehr gezeigt wird, da die Nutzung nur für ein Monat vereinbart wurde?
Das Erlösmodell wird den Herausforderungen nicht gerecht
Einerseits ist nachvollziehbar, dass Künstler und Künstlerinnen oder deren Erben weiter an Werken und deren Veröffentlichung verdienen wollen. Es ist ebenso nachvollziehbar, dass Verwertungsgesellschaften mitverdienen wollen. Andererseits behindert ein Erlösmodell, wie es bspw. bei VG Bild-Kunst besteht, die weitere Verbreitung des Werkes und beeinträchtigt damit letztlich die Bekanntheit des Künstlers, bzw. der Künstlerin. Denn viele Nutzer verzichten darauf, Bilder, die urheberrechtlich geschützt sind und mit vergleichbaren Konditionen bewehrt sind, zu verwenden. Sie nutzen gemeinfreie oder via Creative Commons lizenzierte Bilder, bzw. fertigen Bilder selbst an oder erledigen dies über Agenturen. Nichts, was diese VGs bieten ist unentbehrlich.