Effektivere Lehr- und Lernerfolge mit „Flipped Classrooms“ und E-Portfolios
Neue Kommunikations- und Lerntechnologien auf Lehrmittel zu reduzieren hieße, deren darüber hinausgehende Potenziale ungenutzt zu lassen. Insbesondere für die Didaktik der Lehre ergeben sich beachtliche Chancen und Herausforderungen.
So lassen sich aktuelle Modelle, wie bspw. das „Flipped Classroom Modell“ ohne neue Kommunikations- und Lerntechnologien nicht oder nur bedingt realisieren.
Flipped Classroom
Dieses Modell stellt das übliche Lehrmodell von Vorlesungen quasi auf den Kopf. Im „Flipped Classroom“ werden den Studierenden Informationen und Wissensgrundlagen samt Präsentationen beispielsweise als Videocasts , APPs etc. zusammen mit Readern, Skripten, Foliensätzen oder anderen Materialien zur eigenständigen Erarbeitung zur Verfügung gestellt. In den darauf folgenden Präsenzphasen der Lehrveranstaltungen werden dann auf Basis der erarbeiteten Inhalte gemeinsam Aufgaben gelöst, Verständnisprobleme erörtert und Lösungswege diskutiert.
Darin unterscheidet sich das Modell auch von Formen des reinen bzw. angeleiteten Selbststudiums, in welchen der Lehrstoff ergänzend aber unabhängig von der Präsenzveranstaltung von den Studierenden erarbeitet wird.
Für das Gelingen des „Flipped Classrooms“ ist es erforderlich, dass die Vorbereitungsarbeiten von den Studierenden tatsächlich zeitgerecht, d.h. vor den jeweiligen Präsenzveranstaltungen und im erforderlichen Umfang geleistet werden. Nur so können sie von den vertiefenden Interaktionen profitieren und entsprechende Kompetenzen ausbilden. Dazu ist es wichtig, den Studierenden Instrumente zur Verfügung zu stellen, die sie in der Vorbereitungsphase unterstützen, insbesondere solche, die kollaboratives Arbeiten, Sharing und Feedbacks ermöglichen.
E-Portfolio als optimale Ergänzung
In vielen Fällen werden die Materialien auf Lernplattformen (LMS) bereit gestellt. Studierende laden die Inhalte herunter und bearbeiten diese. Bleibt es dabei, so werden wesentliche Potenziale, insbesondere des Peer-Learnings, vernachlässigt, bzw. nicht aktiv unterstützt.
Um das zu vermeiden und einen entsprechenden Rahmen für Peer-Learning anzubieten hat sich der leicht modifizierte Einsatz von E-Portfolios bewährt.
Es werden nicht ganze Vorlesungsmitschnitte auf Video angeboten, sondern speziell zusammengestellte kompakte Inhalte (Chunks), mit deutlich geringerer Abspielzeit sowie ergänzende Materialien und Übungen. Diese werden auf thematisch, bzw. systematisch geordneten Seiten im E-Portfolio zusammengestellt. Dazu werden jeweils Verständnisfragen und Wissenschecks angeboten.
Die Verständnisfragen werden von den Studierenden im eigenen E-Portfolio bearbeitet, von Peers kommentiert und nach entsprechender Überarbeitung schließlich für den Lehrenden freigegeben. Die Einreichungen liefern einen ersten Anhaltspunkt dafür, was bereits gut verstanden wurde und welche Inhalte in der Präsenzveranstaltung ggf. vertieft oder weiter erläutert werden müssen.
Dieses Vorgehensmodell reduziert die Gefahr, dass Studierende die bereit gestellten Materialen nicht bearbeiten und unvorbereitet in die Präsenzveranstaltung kommen.
Die verwendeten E-Portfolio Systeme sollten über ein ausreichend breites Funktionsspektrum verfügen, das zumindest die Einbettung externer Medien in den gängigen Formaten zulässt und über entsprechende Kommentar- bzw. Feedback Möglichkeiten verfügt.
Mittel der Wahl für berufsbegleitend Studierende
Insbesondere bei berufsbegleitenden Studierenden bietet das Modell des „Flipped Classroom“ in Verbindung mit E-Portfolio deutliche Vorteile gegenüber herkömmlichen didaktischen Modellen. Die Studierenden können sich die Zeit für die Erarbeitung der Inhalte selbst einteilen und die Vorzüge asynchroner Kollaboration kennenlernen und üben. Zudem zeigte sich, dass die Präsenzphasen am Ende einer arbeitsreichen Woche mit ihren interaktiven Zugängen eher Aufmerksamkeit schaffen und einen effektiveren Lernerfolg ermöglichen können.
Nicht zu verschweigen: Hoher Aufwand für Lehrende und Lernende
Nicht unterschätzt werden darf, dass das „Flipped Classrroom“ Modell sowohl für Studierende wie Lehrende aufwändig ist. Eine Lehrveranstaltung in diesem Sinne zu entwickeln steht letztlich nur dafür, wenn das Setting über einige Semester hinweg genutzt und optimiert werden kann.
Ein deutlich höherer Lernerfolg allerdings rechtfertigt den Aufwand.