Ottokar Uhl - Einer der Großen österreichischer Architektur ist tot
Ich bin ein aufmerksamer Zeitungsleser. Und dennoch ist mir die Nachricht vom Tod Ottokar Uhls am 3. November entgangen. Wie kann es sein, dass der Tod eines bedeutenden österreichischen Architekten — laut Architekturzentrum Wien einer der „intellektuell profiliertesten Architekten” — in österreichischen Medien nicht vorkommt? Außer eines knappen Nachrufs im Der Standard unter Immobilien und einer zweizeiligen Erwähnung im Wirtschaftsblatt haben Kulturredaktionen von Rundfunk, Fernsehen und Zeitungen davon offenbar keine Kenntnis genommen. Das markiert einen weiteren Tiefpunkt österreichischen Kulturjournalismus.
Ottokar Uhl habe ich Anfang der neunziger Jahre persönlich kennengelernt, nachdem ich bereits in meiner Studienzeit seine Bauten und seine theoretischen Auseinandersetzungen mit Wohn- und Kirchenbau schätzen gelernt hatte. Er war ein außergewöhnlicher Mann und Architekt mit einem für Österreich nicht ganz untypischen Schicksal. Er studierte bei Lois Welzenbacher an der Wiener Akademie der Bildenden Künste, beeinflusst von Konrad Wachsmann, dem er an der Salzburger Sommerakademie begegnete. Während seine Kollegen vor allem bauen wollten, suchte Uhl mit gleicher Intensität die intellektueller Auseinandersetzung mit Architektur und den Prozessen rund um Architektur. Die Radikalität, mit welcher er die Rolle des Architekten als die eines Moderators einforderte, prozessorientiertes Arbeiten und partizipatorische Einbindung der Bauherrn und Nutzer als Anspruch formulierte, machte ihn bei vielen seiner Kollegen verdächtig. So wundert es nicht, dass er für eine Professur 1973 nach Karlsruhe „auswandern” musste. Dass er dort Egon Eiermann auf dessen renommierten Lehrstuhl nachfolgte, war keine schlechte Wahl. In Wien haben Kollegen darauf geachtet, dass es ruhig blieb um Uhl. So verwundert es nicht, dass er bei Architekturpreisen übergangen wurde. Die Verleihung des „Ludwig Wittgenstein Preis” 1996 konnten sie dennoch nicht verhindern. Nach seiner Emeritierung kehrte er nach Wien zurück, um hier mit seinem Büro wieder präsenter zu sein. Ein Schlaganfall lähmte seinen Aufbruch. Davon hat er sich bis zuletzt nicht mehr wirklich erholt.
Mich freut die Erinnerung an die Zusammenarbeit und Verbundenheit im Ringen um Perspektiven für den Kirchen-/ Sakralbau. Im Rahmen einer international besetzten Expertenrunde zu diesem Themenbereich im Schloss Riedegg präsentierte Uhl einen Text, der aktueller nicht hätte sein können. Gegen Ende der Tagung meinte er dann: Der Text ist übrigens gut 30 Jahre alt. Er und Herbert Muck waren zum Thema Kirchenbau die wirklich relevanten Denker und Visionäre in Österreich. Mitte der Neunziger Jahre haben wir zusammen mit Herbert Muck, Gernot Wisser, Helmut Hempel, Johannes Traupmann, Hartwig Bischof das außeruniversitäre Forschungsinstitut „Verhalten und Raum” gegründet. Wenige Jahre später habe ich als dritten Band in der Reihe Kirchenbau nach Rudolf Schwarz und Emil Steffan einen Band über Ottokar Uhl bei Schnell & Steiner herausgegeben. Zur Publikation habe ich zusammen mit Albert Kropfitsch eine Webausstellung dazu eingerichtet.
Diese intensive Begegnung mit Werk und Person Ottokar Uhl hat mich sehr bereichert.
Auf amazon sind noch einzelne Exemplare des aufwändig produzierten und hervorragend bebilderten Katalogbuches erhältlich, mit Texten von Friedrich Achleitner, Herbert Muck, Bernd Selbmann, Helmut Hempel, von Conrad LIenhardt und selbstverständlich von Ottokar Uhl selbst.
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