Pisa – Leistungsmessung von Humankapital
Nach der Veröffentlichung der jeweils aktuellen Pisa Studienergebnisse bricht, trotz bekannter Mängel , Katerstimmung aus, insbesondere in Österreich und besonders heuer wieder. Österreich ist wieder einmal abgestiegen. Pisa bescheinigt, dass die Leistungen österreichischer Schüler_innen beim Lesen sogar unterdurchschnittlich seien. Aber was heißt das?
Wofür Pisa steht
Viele Kommentatoren versuchen die Relevanz der Pisa Studie in Bezug auf das, was sie unter Bildung verstehen, in Frage zu stellen. Sie verkennen, worum es dabei im Kern geht. Pisa ist zunächst eine internationale Schulleistungsuntersuchung der OECD und kein Bildungsbarometer. Es geht um Leistungsbemessung zentraler Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Mittelbar werden so auch Vermittlungsleistungen des Schulsystems bewertet.
Pisa bestätigt, was bereits bekannt ist
Es ist bekannt, dass knapp ein Drittel der Pflichtschulabgänger in Österreich funktionale Analphabeten sind. (Vgl. Analphabetismus - Ein verdrängtes Phänomen) Die Wirtschaft klagt seit Jahren, dass Lehrlinge immer häufiger Probleme mit Lesen, Schreiben und Rechnen haben. Diese Schwächen finden sich auch bei Schülern und Schülerinnen an Mittelschulen und selbst Hochschulen klagen über Lese-, Schreib- und Rechenschwächen bei einer zunehmenden Zahl an Studierenden. Die Pisa Studienergebniss bestätigen nur, was eigentlich bekannt ist, dass etwas im Schulsystem, vulgo Bildungssystem, nicht stimmt.
Worum es bei Pisa tatsächlich gehen könnte?
Entsprechend der Humankapitaltheorie steht bei Pisa Bildung unter dem Aspekt einer wirtschaftlich nutzbaren Ressource im Vordergrund. Gary Becker, Jacob Mincer, Walter Y. Oi, auf die die Humankapitaltheorie zurück geht, hatten die neoklassische Arbeitsmarkttheorie um den Faktor Bildung erweitert. Damit geht es der OECD weniger um den Menschen als Subjet von Bildung, sondern vielmehr als Objekt der Bildung. Pisa dient letztlich dazu, einem internationalen Arbeitsmarkt von ausgebildeten Arbeitskräften zuzuarbeiten. Es zielt darauf, vergleichbare Standards bei hoher Mobilität am Arbeitsmarkt zu schaffen, Arbeitskräfte auf die Erfordernisse einer international agierenden Wirtschaft hin zu kalibrieren.
Zudem liefern die Ergebnisse Hinweise auf die (künftige) Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. In einer informations- und wissensbasierten Wirtschaft ist die Beherrschung zumindest der grundlegenden Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen eine notwendige (wenngleich noch lang keine hinreichende!) Voraussetzung für eine erfolgreiche Positionierung. Pisa Rankings dienen quasi als Indikatoren für die Qualität von Humankapital in einer Wirtschaft.
Wirklich problematisch an Pisa ist das Menschenbild, das dahinter steht.
Leseempfehlung: Manifest zum Thema Humankapital und Arbeit: Arbeit: Demokratisieren, Dekommodifizieren, nachhaltig gestalten. Democratizing Work ist das Ergebnis eines gemeinsamen Engagements, das im Mai 2020 von drei Wissenschaftlern ins Leben gerufen wurde: Isabelle Ferreras, Dominique Méda und Julie Battilana. Dieses Manifest wurde von namhaften Persönlichkeiten vor allem aus dem Lehr- und Wissenschaftsbetrieb unterzeichnet, wie beispielsweise Noam Chomsky.