Meine Erfahrungen mit Adobe Connect — integriertes Distance Learning
Sofern Studierende während Ihres Auslandssemesters die eine oder andere im Curriculum ihres Studiums vorgesehene Lehrveranstaltung nicht belegen können, weil diese beispielsweise an der Gasthochschule nicht angeboten wird oder belegt werden kann, wird ihnen die Teilnahme an der heimischen Lehrveranstaltung via Distance Learning ermöglicht.
Bei Vorlesungen ist das relativ einfach zu bewerkstelligen. Es können Skripte, PowerPoint Slides und Videocasts der Vorträge bereitgestellt werden, begleitet durch Twitter, Wikis oder Foren.
Die Herausforderung
Bei sogenannten LaborÜbungen und Lehrveranstaltungen mit starken Übungsanteilen kommen einige Herausforderungen hinzu, Hürden, die knifflig sind.
LaborÜbungen, wie ich sie in den vergangenen Jahren leiten durfte, zielen auf “Hands on". Studierende arbeiten in Gruppen eigenständig, weitgehend selbst-organisierend und eigenverantwortlich. Viel Arbeit geschieht an PCs, mit Programmen, Instrumenten und Tools, die im Rahmen von Internet & Marketing erprobt und eingesetzt werden sollten.
Im Laufe der letzten zwei, drei Jahre lernte ich, meine Rolle vom Advisor in Richtung Coach zu verlagern, also weniger den Fisch zu servieren, als vielmehr eine Angel zu reichen und ihren Einsatz zu erläutern. Diese Erläuterungen sind dabei offen angelegt und fordern zum eigenständigen Erproben, Erweitern und Testen heraus. Das macht einen hohen Anteil synchroner Kommunikation notwendig, um zeitnah und erreichbar an dem Punkt Unterstützung bieten zu können, an welchem diese notwendig ist.
Entsprechend ist es natürlich nicht einfach, Studierende, die sich über mehrere Zeitzonen verteilen (in diesem Semester auf Neuseeland, Thailand, Finnland, Schweden, Niederlande etc.) via Distance Learning in die Lehrveranstaltung so einzubeziehen, dass so etwas wie Teilhabe am Prozess möglich wird.
In diesem Sommersemester versuchte ich einige der kniffligen Hürden mit Hilfe von Adobe Connect, Wikis und Twitter zu nehmen. Adobe Connect ist das an der Hochschule eingesetzte Web-Konferenz System.
Die eher technische, operative Seite des Vorhabens
Mit Adobe Connect hatte ich Erfahrung, allerdings in einem ganz anderen Setting. Da konnte die Didaktik gänzlich auf Distance Learing abgestimmt werden. In diesem Fall gab 10 Studierende im Ausland, die gemeinsam mit Studierenden am heimischen Campus betreut werden sollten. Es galt nicht nur die technische Seite zu bewältigen, sondern auch einen didaktischen Mittelweg zu finden.
Zunächst musste geklärt werden, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Live-Übertragung (Streaming) der Lehrveranstaltung möglich ist und Sinn macht. Schnell zeigte sich, dass wegen der unterschiedlichen Verpflichtungen an den jeweiligen Hochschulen unter der Woche kein gemeinsamer Termin gefunden werden konnte. Daher entschied ich mich nach Rücksprache mit der Studiengangsleitung die 10 Vollzeit Studierenden mit den 21 berufsbegleitend Studierenden der parallelen Lehrveranstaltung zu betreuen. Die fünf Blockveranstaltungen à fünf Lehreinheiten wurden jeweils auf einen Samstag gelegt, mit Start um 08:30.
Vor jedem Beginn einer Lehrveranstaltung musste ich das Funkmikrophon und die Webcam anschließen und für Adobe Connect die entsprechenden Abstimmungen und Konfigurationen überprüfen. Daran schloss ein kurzer Medientest mit den Outgoings an, also den im Ausland Studierenden. Dank eines guten Supports der EDV Abteilung der Hochschule, die vorab das Setting konfiguriert hatte, war das ein überschaubarer Aufwand.
Für die Lehrveranstaltung wurde ein eigener “Meeting Room” auf Adobe Connect eingerichtet, in welchem wir uns frei bewegen konnten. Die URL für den Zugang wurde im Wiki hinterlegt und zusätzlich vor den ersten beiden Lehrblöcken auch per E-Mail verschickt. Die Meetings wurden bereits tags zuvor eröffnet, d.h. mit diesem Link konnten sich die Studierenden bereits tags zuvor einloggen und sich in einer für einige ungewohnten Umgebung umsehen und experimentieren. Vor allem bestand so die Möglichkeit, die Audio-Konfiguration für den eigenen PC vorab zu erledigen.
Eine spezielle Einführung in Adobe Connect gab es nicht. Learning by Doing war angesagt.
Technisch machten uns Bandbreitenschwankungen zu schaffen. Vor allem in Neuseeland war die Audioqualität öfters wohl strapaziös. Es ruckelte und stotterte die Übertragung mal, dann war die Qualität wieder ganz passabel. Direkt beeinflussen konnten wir mit unseren Möglichkeiten das nicht. Es hing teils auch davon ab, welche Verbindungen den Outgoings zur Verfügung standen; manchmal gab es nur ein eher schwaches WLAN, dann wieder eine gute LAN Verbindung. Die Outgoings waren in Bewegung - am Campus, im Studentenwohnheim, in einer Hotellobby usf. Wurde für einzelne die Übertragung zu abgehackt, dann versuchten sie das via Chat auszugleichen oder sie meldeten sich schließlich ab.
Die offenbar geringen Bandbreiten führten auch dazu, dass Bildschirmfreigaben der PCs von TeilnehmerInnen nicht wirklich funktionierten, nicht am Standort und nicht bei den Outgoings. Wir improvisierten: ich versuchte durch die Präsentationen zu steuern, je nach Anweisung der PräsentatorInnen. Das gelang soweit ganz gut. Improvisieren war häufiger angesagt — wie so oft, wenn Technik im Spiel ist ;-)
Unter diesen Umständen war es sicherlich streckenweise anstrengend - trotz Pausen - einer Videoübertragung fünf Lehreinheiten lang konzentriert zu folgen.
Daher ist die Bereitschaft der Studierenden fünf Samstag Vormittage damit zuzubringen und die Leistung, das Beste aus der Situation zu machen, sehr schätzenswert und Zeichen eines hohen Commitments.
Teil 2 des Beitrags zu den didaktischen Herausforderungen hoffe ich nächste Woche demnächst an dieser Stelle veröffentlichen zu können. Bis dahin; und sollte Ihnen etwas dazu einfallen: über Kommentare freue ich mich!